Von Bootsplane über Schirm zum Cockpitzelt

Wer mit einem alten Jollenkreuzer unterwegs ist, hat man ein gravierendes Problem. Was tun bei Regen? Im Gegensatz zu den neueren Booten laufen Plicht und Backskisten voll Wasser. Bei den neueren Booten sind die Backskisten anders konstruiert und die Plicht ist selbstlenzend. Neue Boote kosten aber auch ein paar Mark mehr!

Von Plane zu Schirm

Sonnenschirme auf Booten sind ja nichts Ungewöhnliches. Sie sind Ruck-Zuck aufgeklappt und man sitzt in Schatten. Allerdings noch lange nicht im Trocknen! Schlechtwetter kommt meist auch mit viel Wind einher und treibt den Regen unter den Schirm. Man hat also gar nichts gewonnen. Das bedeutet, das mit Seitenteilen der Regen abgehalten werden muß. Also haben wir an den Schirm per Reißverschluß Seitenteile angebracht und schon war die Plicht trocken! Aber auch zappenduster! Fenster wären also nicht schlecht. Davon mal abgesehen, sollten die Seitenteile auch straff gespannt sein, damit sie bei Sturm und Wind nicht flattern. Von außen gesehen ist das vielleicht nicht dramatisch. Innerhalb des Bootes ist es akustisch gesehen wie in einer Trommel. Jeder kleine Haken der an Deck klappert, jedes Schlagen der Plane und was auch immer ist unter Deck unerträglich laut und treibt einen in den Wahnsinn! Darum sind die Cockpitzelte auf den großen Kreuzern auch immer akkurat fest gespannt. Da wackelt und klappert nichts. Schön für die Kielkreuzer, die haben ja auch genug Platz dafür. Außerdem müssen sie nicht - und sie können auch nicht - den Mast legen!

 

Seitenteile für den Schirm

Wie man hier schon sieht: Der hat da irgendwas am Achterstag gemacht! Dieses "Hirschgeweih" erfüllt gleich mehrere Aufgaben: Es übernimmt die Funktion des Achterstages und der Maststütze und dient hier auch zugleich als achterliche Auflage für den Schirm. Mit Hilfe der verstellbaren Teleskopstützen (Malerstangen aus´m Baumarkt), kann das Geweih senkrecht gestellt werden, um die richtige Höhe für die Plane und Platz für den Schirm zu erhalten. Vorn wird der Schirm mit einer Latte abgestützt.

 

Seitenteil unten

Die Seitenteile sind oben am Schirm mit Reißverschluß befestigt und unten mit Gummiseil wie bei einer LKW-Plane. Ist der Schirm nicht abgestützt, würde die ganze Last vom Schirmgestänge getragen. Ein aufkommender Sturm belehrte uns jedoch schnell und eindringlich, daß auch diese Konstruktion nicht ausgereift ist.

 

Von Schirm zu Cockpitzelt

So schön wie Stehhöhe im Zelt auch ist,der Winddruck bei Schlechtwetter lehrt uns, darauf zu verzichten. Dann lieber trocken und warm und wenn möglich auch noch bei gelegtem Mast ohne die Plane zu verändern. So kann man bei Schlechtwetter wenigstens noch Strecke machen. Da man hierzu sowieso sitzt, braucht man eigentlich kein so hohes Zelt. Hauptsache man sitzt trocken und hat freie Sicht. Dazu muß der Großbaum keinen Meter über Deck schweben, es reicht ein kleiner Seh-Schlitz.

 

Großbaum runter

Der Großbaum jetzt einen halben Meter tiefer an den Mastbacken befestigt. Es sieht nicht nur schnittiger aus, sondern hat auch den Vorteil, das er sich beim Mastlegen überhaupt nicht mehr bewegt! Das eröffnet ganz neue Perspektiven bezüglich Mastlegen ohne die Plane abzubauen! Ich habe also die Nase abmontiert, wo vorher der Großbaum dran war und dann den Mast gelegt. Ganz links sieht man noch, das das Geweih senkrecht gestellt ist. Ich wollte es nun wissen und stellte es schräg, so wie es normalerweise der Linie des Achterstages folgt. Mal sehen was passiert.

 

gelegter Mast

Der Mast sollte eigentlich auf der roten Rolle im "Hirschgeweih" aufliegen aber durch die Neigung nach vorn ist die Rolle für den Mast zu niedrig und der Mast setzt auf dem Schirmständer auf. Auch passt das Schirmgestänge nicht in mein Hirschgeweih, deswegen hängt die Bespannung so durch. Mittlerweile wurde es November und ich hatte mir einen Planenmacher bestellt. Der schaute sich das Ganze an, hatte aber keine rechte Meinung dazu. Von der Sache her ja nicht schlecht, aber das mit dem Schirm fand er bedenklich.

Ich habe dann noch ein paar Tage mit dem Schirm herumexperimentiert, aber...

 

Passt nicht

...es passt vorn und hinten nicht.

 

Der Schirm verschwindet

Parallel zum Großbaum montierte ich zwei Stangen und

Gestänge

 

legte dann einfach mal die ehemaligen Seitenteile über den Großbaum. An der Großbaumstütze montierte ich eine Art "Spreizlatte".

 

Cockpitzelt

Cockpitzelt aus den ehemaligen Seitenteilen.

 

provisorisches Gestänge

So sieht es von innen aus.

 

Cockpitzelt

Mein Hirschgeweih folgt dem Achterstag und wird in seiner Position nicht mehr verstellt. Der Großbaum wird "irgendwo" unter der roten Rolle eingehängt und wird beim Mastlegen nicht mehr bewegt. Das bedeutet nun, daß es keine Kramerei mehr bei Brückendurchfahrten gibt und die Plicht bleibt trocken .

Jetzt muß es nur noch "schön"gemacht werden. Das hat auch meinem Planenbauer viel besser gefallen und er legte los...


 

In der Zwischenzeit experimentierte ich mit dem Rigg. Da ich mich ja nun entschlossen hatte den Großbaum tiefer zu legen, mußte ich auch was am Großsegel ändern. Unter dem Link Mastelegevorrichtung kann man das nachlesen.

 


 

5 Wochen später:

 

Das Cockpitzelt

Am 8. Dezember 2014 war es dann soweit. Das Cockpitzelt war fertig!

 

Cockpitzelt

Tut mir leid, aber unsere alte Bootsplane mußte mit auf´s Bild. Sie hat jahrelang unsere Zikke bedeckt und jetzt wo was Neues kommt, kann sie sich in Würde verabschieden.

 

Cockpitzelt

Die Seitenteile sind nach wie vor abnehmbar. Der Reißverschluß öffnet von vorn nach achtern und soll das Einsteigen erleichtern. Unten sind die Seitenteile mit Gummistropps gespannt. So kann man in Schleusen oder beim Anlegen schnell mal mit der Hand hindurchgreifen, ohne das man die Seitenteile abnehmen muß. Auch wollte ich keine überflüssigen Überhänge an den Seiten haben, damit die Plane gar keine Chance hat, Nachts gegen die Bordwand zu klatschen.

Ich habe bewußt auf eine Frontverkleidung oder Windschutzscheibe verzichtet. So habe ich zum einen immer klare Sicht nach vorn, und kann auch immer schnell zum Mast krabbeln. Ich hoffe, das der "Dachüberstand" reicht, um auch bei Schlechtwetter eine trockene Plicht zu haben. Nachts werden wir die Lücke mit gummierten Säcken verstopfen, die wir auch auf unseren Motorradtouren verwenden und die 100% wasserdicht sind. Dadurch wird auch in der Kajüte mehr Platz.

 

Cockpitzelt innen

Insgesamt macht es einen recht wohnliches Eindruck. Die Sicht nach außen kann man wohl ausgezeichnet nennen. Das Gestänge des Hirschgeweihs ist noch nicht endgültig und wird im Frühjahr noch schön gezaubert.

 

 

Cockpitzelt vorn

Die Seitenrohre verlaufen in Taschen und sind per Klettverschuß verschlossen. Der Querbalken an der Großbaumstütze ist immer noch provisorisch und wird ebenfalls im Frühjahr schön gezaubert. Denkbar ist zwischen Kajütdach und Querbalken eine Windschutzscheibe á la Seitenfenster zu machen.

Hier noch einmal ein Bild mit gelegtem Mast. Es sieht insgesamt alles recht aufgeräumt aus. "Form follows Function" ohne allzuviele zusätzlichen Anbauteile. Ob es auch auf dem Wasser funktioniert, wird die Saison 2015 zeigen.

Cockpitzelt

 

Cockpitzelt

 

Winterpause

Am 9. Dezember 2014 war das milde Herbswetter aber definitiv vorbei und ich mußte für dieses Jahr zusammenpacken:-((