Rigg und Mastlegevorrichtung

 

Rigg

Die Takelage des ostzonalen 15er Jollenkreuzers ist eigentlich die Standard H-Jollen Beseglung. So hat es mir jedenfalls der Konstrukteur Manfred Ernst erklärt. Das geschah damals aus ökonomischen Gründen. So ein Baukastensystem muß ja nichts Schlechtes sein. Jahrelang habe ich da auch nie drüber nachgedacht. Erst als es darum ging, eine brauchbare Mastlegevorrichtung zu bauen, fing ich an, das Rigg in Frage zu stellen. Auch bezüglich meines Wanderplane gab es hierbei einiges zu ändern und überhaupt: Wer schreibt mir eigentlich vor, wie meine Takelage aussehen soll? Permanent werden neue Boote gebaut mit unterschiedlichster Beseglung und unsereins verharrt in starren Mustern. Aber das ist auch ein Endwicklungsprozess.

Hier noch das alte Rigg vom letzten Jahr (2014):

15er rigg Standard

Die breite Walze im Vordergrund dient dazu, das der Großbaum bein Mastlegen besser abrollen kann. Die beiden Messingkugeln dienen hauptsächlich als "Romantikverstärker" sowie nebenbei als seitliche Führung des Großsegels beim Mastlegen. Auch kann man jede Menge Bändsel und Badesachen ranhängen. Die Walze ist aber mittlerweile der weiteren Entwicklung zum Opfer gefallen.

 

großbaumbeschlag

Man sieht hier recht deutlich die lange Nase am Mast, wo der Großbaum angebracht ist. Sie dient dazu, ausrechend Platz zu haben, damit das Großsegel beim Mastlegen nicht eingequetscht wird. Circa 30cm tiefer ist der die Drehachse des Mastes für die Mastlegevorrichtung. Mit Hilfe von Ringmuttern ist die Achse gesichert und zugleich bietet sich eine prima Öse um den Spinnakerbaum einzuhängen.

 

Neue alte Segel

Da war ja immer noch der Gedanke mit der "Seerose": 20er Jollenkreuzer Rigg auf 15er Jollenkreuzer-Rumpf. Und dann war da die Sache mit dem Cockpitzelt. Auch bei Brückendurchfahrten wollte ich trotz Mastlegen trocken bleiben. Also eine Kuchenbude die stehenbleiben kann, wäre schon eine feine Sache. Und dann noch das Gekrösel mit der achterlichen Maststütze inklusive Achterstag, was sich beim Mastlegen gern überall verheddert. Überhaupt das Mastlegen! Für viele ansonsten harmonische Crews ein Scheidungsgrund!

So war es nun endlich an der Zeit die Dinge mal aufzuräumen. Herausgekommen ist dies hier:

 

15er-rigg2

Irgendwas passt da nicht. Richtig. Wie unter dem Link Cockpitzelt beschrieben, wanderte der Großbaum tiefer. So viel wie es unten tiefer geht, so viel fehlt oben. Auch hängt der Großbaum normalerweise achtern etwas herunter. Nun ist es genau umgekehrt. Das bedeutet entweder neue Segel oder ein größeres Segel muß umgeschnitten werden. Nun begab es sich, das der Peter Hein noch alte Segel von seinem 20er Jollenkreuzer "Windjammer" herumzuliegen hatte. Er war bereit diese im Dienste der Wissenschaft zu opfern.
Und sie wurden geopfert!

 

 

20er großsegel

Da ist nun reichlich Tuch. Das 20er Segel ist natürlich länger und breiter. Auch der Großbaum hat sich auf wundersame Weise verlängert: Die Welle von Omas alter Markise war perfekt geeignet.

 

Großbaumbeschlag

 

Ein kaputtes, altes, ostzonales Kreuzgelenk passte perfekt auf den westdeutschen Vierkant der Markisenwelle. (Na gut, ich habe gemogelt. Ich musste das Gelenk erst erhitzen und dann mit dem Schraubstock auf den Vierkant pressen. Das Plastik der Rolle ist auch schon etwas älter, aber die Saison 2015 wird es hoffentlich halten).

 

Winkel

In den Aluminiumblock habe ich ein Gewinde geschnitten, den Augbolzen eingedreht und das Kreuzgelenk samt Großbaum angeschraubt. Nicht SELDÈN dafür selten. Für die Segelmacherin habe ich sicherheitshalber den Winkel gemessen.

 

 

 

Großbaumverlängerung

Hier sieht man auch, das die Großbaumverlängerung in der unteren Stufe meines "Hirschgeweihs" eingehangen ist. Darüber in der roten Rolle kommt dann der Mast zum liegen, wenn er gelegt ist. Bei der Großbaum-Verlängerung handelt es sich um meinen Spibaum, welcher noch einmal mit einer Isolierschaum-Wurst aus´m Baumarkt ummantelt ist. So sitzt es straff und klappert nicht.

 

 

 

Segelplan

So in etwa soll es einmal aussehen. Leider waren die Segel erst fertig, als ich mein Boot schon winterfest machen musste. Auch der Bugspriet muß bis zum Frühjahr warten. Aus diesem Grund kann ich vorerst nur mit dieser Photoshop-Simulation dienen. Kann sein, das das Boot hoffnungslos übertakelt und vertrimmt ist. Kann aber auch sein, das es mordsmäßig Spaß macht, damit zu segeln.

 

 

Mastlegevorrichtung

Eines der heikelsten Manöver an Bord ist sicherlich das Mastlegen und Maststellen. Mastlegen geht meistens einfacher, aber beim Maststellen stellt man fest, das sich so ziemlich alles verheddert hat, was sich verheddern kann.
Mein Vorgänger hat sich als Mastlegehilfe eine Spannvorrichtung einbauen lassen. Beim Mastlegen hat nun das verlängerte Vorstag eine Motorrad-Telegabel zusammengedrückt. Die so gespannte Feder sollte beim Maststellen zusätzliche Unterstützung bringen. Hat sie aber nicht. Außer, daß das schwere Teil im Vorschiff herumlag und ab und zu zusammengepresst wurde, war ein Vorteil nicht spürbar. Also raus damit.

 

Mastlegevorrichtung

Hier habe ich noch eine weitere Umlenkrolle eingebaut. Durch diese Umlenkrolle wird das Aufrichten des Mastes erleichtert. Wenn man immer jemanden zur Hand hat, der sich beim Maststellen an den "toten Mann" hängt ist diese Rolle nicht notwendig.

 

Mastlegevorrichtung

Alles hübsch eingeklinkt.

 

Man fragt sich jetzt: "Ja, und wo zieht er nun?"

Er zieht von hinten! Ich hatte seinerzeit einfach einen Flaschenzug durch die Kajüte gezogen und hinten am Reitbalken befestigt. So konnte ich vom Ruder aus den Mast legen und stellen. Das funktionierte so lange, bis mir eine bessere Idee kam.

Mast legen 2011

 

Jetzt erledigt diese Arbeit jetzt eine elektrische Seilwinde. Wie auf den folgenden Bildern zu sehen ist, kann man handelsübliche 12Volt Seilwinden prima zum Maststellen benutzen. Es ist nicht so, das ich ihn nicht mehr hochkriege, sondern es ist einfach praktischer per Fernbedienung den Mast zu stellen. Außerdem blockiert die Seilwinde, wenn man sie stoppt. Der Mast fällt nicht zurück, sondern bleibt in der jeweiligen Position. So man hat genügend Zeit eventuelle Verhedderungen zu klarieren. Ich habe die Seilwinde jetzt die dritte Saison im Einsatz. Mastlegen ca 26 Sekunden, Mast stellen ca 35 Sekunden. Als Gipfel der Dekadenz steuert der Pinnenpilot während des Mastmanövers und so kann man ungestört und einfach den Mast stellen. Nur über Bord fallen sollte man nicht, wenn man allein ist...

 

Mast legen 2014

 

Mast stellen 2014

 

 

Ein weiterer Vorteil des neuen Riggs ist die Tatsache, das der Großbaum beim Mastlegen nicht mehr bewegt wird. Da er unterhalb des Drehpunktes angeschraubt ist, geht ihn das ganze Manöver nichts mehr an und das ist ja auch der Grund, weshalb das Cockpitzelt beim Mastlegen drauf bleiben kann. Leider habe ich noch keine neuen Videos.
Da der Großbaum nun auch ziehmlich weit unten ist, erhoffe ich mir ein leichteres Segelbergen, da man nun mit seinem ganzen Körper das Großsegel besser einfangen kann. Einen Lazyjack halte ich aber auf einem 15er für übertrieben.

 

Mastlegevorrichtung

 

 

 

Schema Mastlegevorrichtung

Wichtig ist, daß Maststuhl und Mastfuß richtig miteinander verbolzt sind. Da der Drehpunkt des Mastes relativ weit oben ist, wirken hier so einige Kräfte, die das Deck anheben könnten. Der Mastfuß ist zugleich am Kiel verkeilt und steht somit bombenfest. Die Seilwinde ist auf eine Holzlatte geschraubt. Normalerweise würde es die Winde nach vorn ziehen. Die Gewindestange ist an der einen Seite am Mastfuß befestigt und auf der anderen Seite per Gelenk an der Holzlatte angeschraubt. Dadurch kann die Seilwinde nicht nach vorn rutschen.

 

 

Die Seilwinde

Es gibt mehrere Arten von Seilwinden, die von außen alle gleich aussehen. Man sollte darauf achten, eine zu kaufen die Vor- und Rücklauf hat. Diese hier kam sogar mit Kabelfernbedienung und Funkfernbedienung. Da man das Gehäuse sowieso öffnen muß empfielt es sich, die Module etwas mit Kabelbinder zu fixieren sowie die Zahnräder zu fetten.

 

Die Seilwinde eingebaut im Bug. Stand 2012. Die Batterie ist später nach achtern gewandert. Habe ich unter dem Link Außenborder beschrieben.

 

Seilwind Elektronik

 

Je nach Übersetzung der Zahnräder entwickeln die Seilwinden erstaunliche Kraft. Allerdings sind sie dann auch extrem langsam.

Welle langsam

 

Im Gefüge des Getriebes liegt die schnelle Welle vor der Starken Welle.

Welle schnell

 

Man muß nun versuchen, das Seil auf die schnelle Welle zu bekommen. Dazu wird das letze Zahnrad ausgebaut.

 

Zahnrad entfernen

 

Hier sieht man nun die schnelle Welle. Analog wie bei der starken Welle habe ich die Welle durchbohrt und mein altes Fockfall durchgezogen. Im Winkel von 90 Grad habe ich dann dieses seil mit eine Madenschraube fixiert.

Schnelle Welle

 

Statt eines Drahtseils sollte man vielleicht Dyneema verwenden. Bislang funktioniert es aber alles bestens.